PORZELLANMALERIN IM WANDEL DER ZEIT

Durch Zufall stießen wir auf einen Zeitungsbericht mit dem Titel „Im Kampf gegen männliche Vorurteile“, in dem eine Künstlerin namens Elisabeth von Eicken porträtiert wurde. Der interessante Lebenslauf der Künstlerin erregte unsere Aufmerksamkeit und wir machten uns an die Recherche. Im Austausch mit KPM Archivarin Claudia Tetzlaff erfuhren wir mehr. Elisabeth von Eicken bemalte auch KPM Porzellan, jedoch nicht – wie heute üblich – als eine in der Berliner Manufaktur ausgebildete Porzellanmalerin. Der künstlerische Leiter der Manufaktur, Professor Theodor Schmuz-Baudiss, gab für junge Frauen aus gutem Hause in der Schule für Kunstgewerbe und Handwerker Malklassen, an denen sie wahrscheinlich teilnahm. Es gab also den Beruf der Porzellanmalerin Anfang des 20. Jahrhunderts noch gar nicht?

Porzellanmalerin Anette Reimann bei der Arbeit

Der Weg zur Porzellanmalerei als Beruf war für Frauen längst noch nicht geebnet, die kostspielige und lang dauernde Ausbildung investierte man lieber in männliche Bewerber. Von Frauen wurde erwartet, dass sie zeitig heirateten und sich um Haushalt und Kinder kümmerten. Das – inzwischen veraltete – Rollenbild von dem männlichen Ernährer der Familie hielt sich noch lange: bis 1977 musste der Ehemann sich einverstanden erklären, wenn seine Frau einer Berufstätigkeit nachgehen wollte. Noch in den 1980er Jahren erhielt die Berliner Manufaktur Prämien von der IHK, wenn Frauen zum „Porzellanmaler“ ausgebildet wurden.

Dass Männer mehrheitlich in künstlerischen oder kunsthandwerklichen Berufen dominierten, verwundert vor diesem Hintergrund nicht. Zugleich galt der Beruf des Porzellanmalers als anstrengend durch die seit Anbeginn bestehende Akkordarbeit und einseitige körperliche Belastung. Während man (als Rechtshänder) mit der linken Hand das Porzellan hält und gegen das Malpult abstützt, muss die rechte Hand, ohne zu zittern, die Farbe mit Pinsel und Feder in kunstvollen Dekoren auf Servicen und Vasen auftragen. Ein Verständnis von der Zusammensetzung der Metalloxidfarben und ihrer Reaktion im Brand wird dabei vorausgesetzt. Enge Terminierungen der Aufträge können für zusätzlichen Zeitdruck sorgen.

Trude Petri entwarf ab 1929 Dekore für die KPM Berlin

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Erfahrung, dass durch die Einberufung zum Militär eine Vielzahl gut ausgebildeter Fachkräfte vorübergehend nicht mehr zur Verfügung stand – oder im schlimmsten Fall – aus dem Krieg nicht zurückkehrte, bildete man in der Malerei auch Frauen aus. Ursula Böhme, Anneliese Heidenreich, Else Möckel, Sigrid von Unruh und Luise-Charlotte Koch begannen ihre Ausbildung 1938/39. Auch Trude Petri, die 1929 in der KPM Berlin als Keramikerin eingestellt wurde, befasste sich mit der Porzellanmalerei und entwarf selbst Dekore. Allerdings stellten die Frauen in der Malerei noch immer eine Minderheit in einem männlich dominierten Umfeld dar.

Erst in den 1970er/1980er Jahren vollzog sich der Wandel zu immer mehr weiblichen Bewerbern, die sich für den kunsthandwerklichen Beruf interessierten. Im Jahr 2022 sind Porzellanmalerinnen in der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH in deutlicher Überzahl.

Bemaltes Porzellan der KPM Berlin