SAURE-GURKEN-ZEITGEIST: KÜNSTLERIN CHARLOTTE ADAM MALT HERZENSESSEN BEI KPM

"Disneyland für Erwachsene!" - so beschreibt die Künstlerin Charlotte Adam ihr Gastspiel in der KPM Meistermalerei. Was ihre Bespoke-Kollektion inspiriert hat, inwiefern Porzellan anders ist als Papier, und warum essen für sie emotional sein kann, verrät sie uns im Interview

Künstlerin Charlotte Adam in der KPM Manufaktur

Illustrationen auf Weiss

Was verbindet Dich mit KPM, hast Du eine erste Erinnerung?
 

KPM bedeutet für mich Familie und Tradition, meine Mutter sammelt KURLAND seit ich denken kann. An Weihnachten und Festtagen gehörte es bei uns immer auf den Tisch, und heute, wenn meine Schwestern und ich nach Hause kommen, dann auch vom Frühstück bis zum Abendessen. Vermutlich bin ich deswegen auch gar nicht unbedingt ein Mix&Match-Fan, ich mag, wenn ein Service komplett ist. Unsere familiäre KPM-Liebe führte auch schon dazu, dass meine Mutter und ich gemeinsam mehrere Workshops der Mitmach-Manufaktur besucht haben, mit einer Riesenfreude!

 

Das heißt, Du kanntest die "Leinwand" Porzellan schon ein bißchen. Was ist das Besondere daran, auf Porzellan zu malen und nicht auf Papier oder Textilem?
 

Es ist einfach eine andere Haptik, eine andere Oberflächenstruktur. Auch ob Porzellan oder Keramik, ob gebrannt oder nicht, macht einen Unterschied. Am Ende des Tages ist es aber einfach Gewöhnungssache und es macht mir Spaß umzudenken. Ich arbeite sonst mit Pinsel und Acryl und jetzt eben mit Öl und Pigmenten, Feder und Pinsel. Porzellan zu bemalen hat für mich persönliches eher etwas Illustratives als klassische Malkunst.

 

Sieben Tage hatte Charlotte Zeit, die Motive auf's Porzellan zu bringen.

Fürs Fisch-Motiv wählte sie die Königskuchenplatte.

Der To-go Becher links ist am letzten Tag entstanden - mit perfektionierter Linienführung.

Lieblingsmotiv Essen: Erbsen, Kartoffeln und Gürkchen.

Nimm einfach mit!

Wenn Du Dir Deinen ersten Tag bei uns vor Augen führst und Deinen letzten - was hat sich zwischenzeitlich verändert? 
 

Am ersten Tag, muss ich zugeben, war ich wahnsinnig aufgeregt. Ich hatte zwar eine konzeptuelle Idee, aber was genau ich machen würde, war mir da noch nicht ganz klar - zumal ich ja gar keine Vorstellung hatte, wie viele und welche Teile ich bemalen darf und wieviel ich schaffen würde. Und dann hieß es auf einmal “Nimm mit, einfach mitnehmen!” und ich hatte eine Riesenauswahl, der ganze Tisch war voll!

Und dann?

Dann haben mich vor allem die Gespräche mit den Malerinnen weitergebracht, die wahnsinnig viele hilfreiche Tipps hatten, die mich zum Nachdenken gebracht und inspiriert haben. Und dann konnte ich auf einmal auch ein ziemliches Tempo entwickeln und bin relativ schnell geworden und ich habe meine anfängliche "Berührungsangst" verloren. Natürlich auch, weil ich wusste, ich habe hier nur eine bestimmte Zeit, um fertig zu werden, da konnte ich nicht über jeden Strich nachdenken. Ich habe dann mit Bleistift grobe Konturen vorgezeichnet, und dann unterschiedliche Techniken kennengelernt. Teilweise musste zwischendurch gebrannt werden, damit man die Stücke sicher in der Hand halten kann. Oder auch, um eine weitere Farbschicht aufzutragen, ohne die andere zu beschädigen - das bedeutet einen Tag warten, bis es weiter geht. Das sind Prozesse, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und die mir vorher so nicht bewusst waren.

Wie würdest Du die Atmosphäre in der Malerei beschreiben?

Großartig! Für mich war es ganz besonders, so warmherzig aufgenommen zu werden - und auch: so schön mit so vielen Frauen zusammen zu sitzen. In meinem Atelier arbeite ich ja immer alleine, ich war also lange nicht mehr mit Menschen kreativ in einem Raum zusammen. Die Stimmung ist sehr kollegial und liebevoll und durch den Geruch der Öle und Farben entsteht eine ganz besondere Atmosphäre in den Räumen.

Was war Deine schönste Begegnung hier? Oder die aufregendste Entdeckung?

Alles. Es war wie eine Woche in nem Erwachsenen-Disneyland für mich. Jeden Tag ist etwas passiert, was schön war. Egal ob Logistik, Produktion oder Malerei - das menschliche Miteinander ist sehr warm hier. Am meisten werden mir wohl die persönlichen Geschichten der Malerinnen in Erinnerung bleiben, die mir von ihren langjährigen Erfahrungen erzählt, stolz ihre liebsten Projekte vorgestellt und Erinnerungen aus der Vergangenheit geteilt haben. Diesen Austausch habe ich sehr genossen.

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Aha, ein Gürkchen

Du bist Malerin, man kennt Dich für großformatige Interior-Stilleben und humorvolle, fast modische Kleinformate. Du arbeitest aber auch an einer anderen, eher unbekannten Bilder-Serie, die Dir sehr am Herzen liegt.

Seit 15 Jahren male ich Emotionen mit Gesicht. Die Reihe hat sich aus einem abstrahiertem Selbstportrait entwickelt. Die Bilder haben keinen Namen und im Gegensatz zu den über Wochen gemalten Interior-Bildern entstehen sie sehr schnell und expressiv. Manchmal sind es zehn Minuten, manchmal zwei Stunden, selten aber länger als einen halben Tag. Es sind Momentaufnahmen, in denen ich nicht länger verharren kann, durchs Nachdenken würde es kaputtgehen. Diese Emotionen spielen auch bei den KPM-Objekten eine Rolle.

Du hast Deine Kollektion "Eating Emotions" genannt.

Ja, denn beim Porzellan war es letztendlich ähnlich. Der zeitliche Druck machte die Arbeit wie gesagt eher illustrativ, eher expressiv. Das sind Ausdrücke, die ich innerlich abgespeichert habe, die ich dann aufs Porzellan übertragen habe. Auch wenn man im ersten Moment einfach denken mag: aha, ein Gürkchen. Mit dem Begriff Emotional Eating, wovon ich "Eating Emotions" ableite, verbinde ich das Essen, was man nicht nur zu sich nimmt, um den tatsächlichen Hunger nach Nahrung zu stillen. Zum Beispiel das gemeinsame Abendessen mit Freunden und Familie, bei dem jede Menge unterschiedlicher Emotionen am Tisch auftauchen. Aber auch das Essen aus Frust, wie man es zum Beispiel bei Liebeskummer kennt.

 

Deine Stücke haben eine Vorder- und eine Rückseite. Dreht man sie um, kann man auf dem Boden kleine Statements lesen wie "Ich mag Dish" oder "Ich vermisse Dish". 

Dish ist englisch für Gericht. Die Emotionen bekommen einen Ausdruck und man kann sie mit Hilfe des Porzellans an- und wortwörtlich zu sich nehmen. Man verwehrt sich der Emotion nicht, sondern verinnerlicht sie, bestenfalls bewusst und mit Genuß. Dabei kann man vielleicht auch negative Emotionen in etwas Positives umwandeln. Ohne das Ganze zu über-ästhetisieren. Aber so entsteht ein Prozess, etwas womit ich mich anfreunden kann und womit ich Frieden schließen kann. Etwas, das ich auch mit einem gewissen Augenzwinkern betrachten und es humorvoll ästhetisch reflektieren kann.

 

"KURLAND war schon immer da." Charlotte Adam ist mit KPM-Porzellan aufgewachsen, und kombinierte ihren Lieblingsklassiker nun mit ihren Lieblingsspeisen.

"Jede Emotion kann auftauchen, wann sie will. Sie ist eine Überraschung, weil sie auf dem Rücken steht", verrät die Künstlerin.

Charlotte Adams "Eating Emotions"-Reihe ist im Rahmen einer Residency entstanden und besteht vorerst nur aus Einzelstücken, die bei der Künstlerin angefragt oder bespoke in Auftrag gegeben werden können.

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